Flüchtlinge kommen in Viernheim an

Bild: Peter Lichtenthäler, stv. Fraktionsvorsitzender

Peter Lichtenthäler im Podium der demokratischen Parteien am Samstag, 03.06.2023

 

Am 1. Mai dieses Jahres ging die Zuständigkeit für die Unterbringung neu zugewiesener Flüchtlinge vom Kreis Bergstraße auf die Städte und Gemeinden über. Seit diesem Datum ist die Stadt Viernheim vollumfänglich für die Organisation und Betreuung der Schutz suchenden Menschen in Gemeinschaftsunterkünften verantwortlich.

 

Was bedeutet die Direktzuweisung für unser Gemeinwesen? Mit dieser Frage befassten sich die Mitglieder der SPD-Fraktion in einer ihrer jüngsten Sitzungen. Nach dem Verteilerschlüssel rechnen wir nach derzeitigem Stand mit monatlich 33 Personen – also 264 Schutz suchende Menschen allein in diesem Jahr. Bereits der quantitative Vergleich mit der Gesamtkapazität der schon bestehenden Gemeinschaftsunterkünfte des Kreises in Viernheim in Höhe von 330 Plätzen macht deutlich, dass es sich hierbei um eine Aufgabe in einer Dimension handelt, die uns alle herausfordern wird.

 

Welche Menschen kommen zu uns? Hinter der nackten Zahl von 33 Flüchtlingen pro Monat stehen 33 Einzelschicksale von Menschen, die wegen der Bedrohung von Leib und Leben durch Krieg und Verfolgung ihre Heimat verlassen haben – oft traumatisiert durch schreckliche Erfahrungen vor und während ihrer Flucht: ukrainische Kriegsgeflüchtete, Asylbewerber:innen (im laufenden Verfahren oder Bleibeberechtigte), afghanische Ortskräfte und Personen, die aufgrund internationaler Abkommen oder aus humanitären Gründen in Deutschland aufgenommen werden. Hauptherkunftsländer sind die Ukraine, Syrien, Afghanistan und die Türkei.

 

Wie wird die Unterbringung organisiert? Im Unterschied zu anderen Städten ist in Viernheim keine zentrale Zeltstadt geplant, sondern die Unterbringung in kleineren dezentralen Unterkünften mit jeweils 150 Plätzen, in diesem Jahr in einem ehemaligen Bürogebäude (Lilienthalstraße) und in Wohncontainern (Industriestraße). Wir begrüßen diese regionale Verteilung über das Stadtgebiet, denn so kann einer drohenden Segregation (schlimmstenfalls einer Ghettobildung) vorgebeugt werden. Die notwendige Organisation und die hauptamtliche Betreuung obliegt dem Sozialamt / Büro für Neuzugezogene. Die erforderliche Infrastruktur musste unter Zeitdruck zusätzlich zu den bestehenden Aufgaben bereitgestellt werden – für ihr großes Engagement ist den städtischen Mitarbeiter:innen ausdrücklich zu danken. Zum Glück kann die Stadt dabei auf die Unterstützung lokaler Partner zählen, die über jahrelange Erfahrung mit der Flüchtlings- und Integrationsarbeit verfügen (Lernmobil, katholische Kirche, Johanniter, Caritasverband, Helping Hands).

 

Wer trägt die Kosten? Der Bund stellt den Ländern in diesem Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich für die Versorgung von Flüchtlingen bereit, so das zentrale Ergebnis des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern. Die Stadtverordnetenversammlung hat in ihrer letzten Sitzung eine Unterbringungsgebührensatzung beschlossen, aufgrund derer die Stadt Viernheim für die tatsächlichen Kosten der Unterbringung entschädigt werden wird.

 

Wie finden die Geflüchteten bei uns einen Platz? Für die Zukunft wird es darüber hinaus von entscheidender Bedeutung sein, dass der soziale Frieden zwischen denen, die bereits hier leben, und den neu Zugezogenen gewahrt bleibt. Bedenken aus der Bevölkerung, ob in Anbetracht von Wohnungsmangel und wirtschaftlicher Probleme die Aufnahme einer so hohen Zahl von Flüchtlingen überhaupt möglich ist, sind nachvollziehbar. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Menschen, die bei uns Schutz suchen, in unserem Gemeinwesen einen Platz finden und so schnell wie möglich selbst zu ihrem Lebensunterhalt beitragen können. Am Anfang steht das Erlernen der deutschen Sprache und das Kennenlernen unserer Kultur; hier sind wir in Viernheim mit einer Vielzahl von Angeboten glücklicherweise sehr gut aufgestellt. Viel größere Hürden bestehen jedoch zurzeit noch für eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt. Viele Branchen suchen händeringend Fachleute und könnten Personen mit einer passenden Berufsausbildung gut gebrauchen. Die im Ausland erworbenen Zertifikate werden aufgrund von Unterschieden in der Ausbildung jedoch oft nicht anerkannt. Wege in den hiesigen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, wird eine zentrale Zielsetzung für die Zukunft sein, für die Flüchtlinge selbst, die Arbeitgeber:innen, die Arbeitsförderung und letztlich für uns alle. Lassen Sie uns diese Aufgabe mit Entschlossenheit, Ideenreichtum und Zuversicht gemeinsam angehen. Wenn sie gelingt, wäre ein wichtiges Zeichen für soziale Gerechtigkeit und Humanität gesetzt.