Vorsicht war und ist auch in Zukunft geboten

Am 10. Februar vor vier Jahren im Viernheimer Tageblatt: Die Fraktionsvorsitzenden Bastian Kempf (CDU), Walter Benz (UBV) und Bernhard Kammer (FDP) geben bekannt, dass sie die umgehende Sanierung des Rathausgebäudes in der Innenstadt angehen wollen. Die Kosten, die die drei Bündnispartner auf rund 12,5 Millionen Euro bezifferten, könne die damalige Schutzschirm-Kommune Viernheim stemmen. Die jährliche Belastung, so die drei Vorsitzenden im Februar 2017, liege dann bei rund 500.000 Euro, etwaige Zuschüsse nicht eingerechnet. Alle drei Vorsitzenden sahen zudem gute Chancen für eine Genehmigung der nötigen Investitionskredite durch die Aufsichtsbehörde. Alles solle sehr schnell gehen, damit der Vorteil der niedrigen Kreditzinsen – „ideale Lage des Finanzmarktes“ – ausgenutzt werden könne. Als Zeichen ihrer unbedingten Entschlossenheit, die Sanierung sehr schnell über die Bühne zu bringen, lagen bei dem Pressegespräch auch gleich Bauhelme auf den Tischen, an denen die Fraktionsvorsitzenden saßen. „Jetzt muss gehandelt werden“, so die Worte von Herrn Kammer.

In weiteren Verlautbarungen war von einer „Lösung“, besonders des Finanzierungsproblems, die Rede, die „zum Greifen nah“ sei. Man glaubte wohl selbst fest daran und vermittelte nach außen den Eindruck, dass die Aufsichtsbehörde diese Investition genehmigen werde. Als Begründung wurden positive Rückmeldungen aus Wiesbaden angegeben.

Das Setzen ehrgeiziger Ziele sollte der Politik generell nicht zum Vorwurf gemacht werden. Aber bereits im Februar 2017 war klar, dass die Rahmenbedingungen nicht so rosig sind, wie es CDU, UBV und FDP damals verkündeten. Alle mahnenden Worte aus der Verwaltung von Mitarbeitern, die große Sachkunde in Finanzfragen haben, auch die des Finanzdezernenten und Bürgermeisters, wurden weitgehend in den Wind geschlagen. Bis heute, gerade auch jetzt wieder im Wahlkampf, wird in manchen Verlautbarungen einzelner Partner des Dreier-Bündnisses immer noch so getan und damit bei den Bürger*innen der falsche Eindruck erweckt, als müsse man nur politisch wollen, dann gehe es schon. Zur Erinnerung: Die politische Mehrheit im Stadtparlament und damit die Entscheidungsgewalt, ob und wie schnell saniert wird, hat das Dreier-Bündnis. Es könne demnach handeln.

Andere große Bauvorhaben sind von der Stadtverordneten-Versammlung beschlossen worden und müssen bezahlt werden. Damit sind die Grenzen dessen erreicht, was gleichzeitig gemacht und finanziert werden kann. So sehen es die gesetzlichen Regeln für Hessen vor. Die Kommunalaufsicht hat es abgelehnt, das Rathaus als Sonderfall zu betrachten. Es kam so, wie von fachkundiger Seite schon oft gesagt, aber von den genannten Akteuren lange ignoriert oder verdrängt wurde.

Gegenwärtig steht immer noch die laut 1. Stadtrat vage Kostenschätzung von mittlerweile etwa 18,9 Millionen Euro im Raum. Eine belastbare Kostenkalkulation ist für einen späteren Zeitraum angekündigt. Dazu kommen noch mindestens 1 Million Euro für die notwendige Auslagerung der Verwaltung während der Bauzeit. Damit schlägt das komplette Vorhaben der Rathaussanierung mit wenigstens 20 Millionen Euro zu Buche. Der ursprünglich genannte Zeitplan ist völlig überholt.

Fazit:

Es wurden 2017 mit markigen Worten große Erwartungen geweckt, wie schnell und kostengünstig das Rathaus saniert werde könne. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Hinzu kommt:

Die früheren Partner sind sich in der Frage der Rathaussanierung nicht mehr sicher und einig und sprechen sogar, wie ein Vertreter der UBV im April 2020, von einer „notwendigen Neubewertung“ der Rathaussanierung nach der Corona-Krise. Dem gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten des Dreier-Bündnisses dauert die Sanierungsplanung sowieso schon „viel, viel zu lange“. Er ist auch bereit, wieder „umzuschwenken“. Sein damaliger Partner aber, heute 1. Stadtrat und Baudezernent, ist davon weit entfernt.

Wenn nun heute erneut markige Worte zu weiteren Vorhaben von den gleichen Parteien in die Welt gesetzt werden, mahnen die bisherigen Erfahrungen mit dem Thema „Rathaussanierung“ zur Vorsicht: Es muss immer um sinnvolle und machbare Lösungen gehen und nicht um Marketing!

Die Position der SPD zur Rathaussanierung ist, nachdem die CDU eine von uns beschlossene Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidung verhindert hat, unverändert: Klare Zahlen, so schnell wie möglich auf den Tisch, damit endgültig entschieden werden kann. Dieser Pflichtaufgabe muss der 1. Stadtrat nachkommen, denn er trägt als Baudezernent die Verantwortung für das Gesamtprojekt.

Dieter Rihm, Stadtverordneter der SPD-Fraktion