Haushaltsrede der SPD-Fraktion Viernheim

Haushaltsrede SPD-Fraktion Viernheim zur Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 10.12.2020
Haushaltsplan 2021: Die Politik der Nachhaltigkeit soll trotz der finanzpolitisch sehr schwierigen Situation auch in Zukunft fortgesetzt werden.

In den letzten Jahren konnte der Finanzdezernent unserer Stadt, Bürgermeister Matthias Baaß, einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Eine vorausschauende, überlegte und solide Finanzpolitik, zu der auch die Bürger*innen einen erheblichen Anteil leisteten, machte dies möglich. Als Anerkennung dieser Leistung wurde unsere Stadt in diesem Jahr vorzeitig aus dem sogenannten Schutzschirm des Landes Hessen entlassen.
Aber schon bei den Haushaltsberatungen im letzten Jahr haben wir Sozialdemokrat*innen darauf hingewiesen, dass es, um diesen Kurs fortzusetzen, nötig sein wird, die ein oder andere große Investition zurückzustellen. Gestützt wurde und wird unsere Einschätzung der finanziellen Perspektive unserer Stadt durch eine ausführliche Stellungnahme des Kämmereiamtes zu den „Auswirkungen von Investitionen auf die Haushalte kommender Jahre“. Ergebnis: Die Finanzierung (von für die Entwicklung unserer Stadt ohne Zweifel notwendigen und sinnvollen Projekte) ist nicht gesichert. Und die Kämmerei sagte auch voraus, dass ab 2021 kein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden könne, wenn Einnahmen, Ausgaben und Investitionen auf dem momentan vorgesehenen Niveau bleiben würden. Der Ausgleich des Finanzhaushalts ist nur möglich, da keine Mittel für die Rathaus-Sanierung eingestellt sind und es aufgrund der Corona-Pandemie eine Lockerung der haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen durch den hessischen Finanzminister für eine Haushaltsgenehmigung 2021 gegeben.
Das Grundproblem bleibt aber nach wie vor bestehen: Zu wenig Geld für die notwendigen Investitionen unserer Stadt.
Das Reduzieren von Ausgaben und Verschieben von Investitionen klingt gut und scheint auf den ersten Blick einleuchtend. Ist aber auf Dauer nicht hilfreich. Denn die im Haushalt 2021 angeführten Aufwendungen und Investitionen sind nachweislich notwendig, um die Daseinsvorsorge und die Lebensqualität in unserer Stadt zu erhalten bzw. angemessen zu verbessern. Und dazu stehen wir Sozialdemokrat*innen!
Deshalb tragen wir auch die millionenteuren Bauvorhaben mit, die in den nächsten Jahren gestemmt werden müssen und auch schon den Haushalt 2021 erheblich belasten:
Bau eines Kanalentlastungssammlers vom Bürgerhaus bis zur Industriestraße. Etwa 18 Mio.€ müssen bis 2025 vorfinanziert werden, denn erst nach der Fertigstellung des Sammlers kann die investierte Summe über die Kanalgebühren in einem langen Zeitraum refinanziert werden. Im Haushalt 2021 sind 3,7 Mio.€ veranschlagt.
Erschließungskosten für das neue Baugebiet „Bannholzgraben II“. Nach Angaben des Planungsbüros wird mit Gesamterschließungskosten von 7 Mio.€ gerechnet. Für Grundstückserwerb und Baulandentwicklung sind 2021 5 Mio.€ eingeplant, für das nächste Jahr werden weitere 2 Mio.€ veranschlagt. Diese Gelder sollen aber durch Grundstücksverkäufe wieder eingenommen werden.
Weitere Millionenbeträge werden für den Abriss der Wiesenwegbrücke und als Alternative dem Bau eines Kreisverkehrsplatzes (2,3 Mio.€) eingeplant. Der Kreiselneubau ist für die Verkehrsteilnehmenden die bessere Lösung und aufgrund der sehr wahrscheinlichen Bezuschussung (ca. 1,25 Mio.€) auch für unsere Stadt die kostengünstigere Lösung.

Wir werden auch weiterhin die Neugestaltung des Tivoliparks mit etwas mehr als 600 Tsd.€ im Haushalt 2021 unterstützen. Dies gilt auch für den Umbau der Kreuzung Saarlandstraße/Kreuzstraße zu einem Kreisverkehrsplatz mit weiteren ca. 950 Tsd.€. Demgegenüber stehen Fördermittel von knapp 1 Million €.
Weitere neue Finanzmittel für die millionenteure Sanierung des Rathauses (etwa 20 Mio.€) sind für 2021 nicht eingeplant. Das ist für uns Sozialdemokrat*innen aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen, die nicht erst seit diesem Jahr bestehen, nachvollziehbar. Nach Aussagen der Kämmerei zu den „Auswirkungen von Investitionen auf die Haushalte kommender Jahre“ besteht wenig Hoffnung, dass dieses finanzielle Großprojekt in den nächsten Jahren realisiert werden kann.
Auf weitere, für uns Sozialdemokrat*innen besonders wichtige Ausgaben des Haushaltsplanes 2021, denen wir ausdrücklich zustimmen, soll im Folgenden noch hingewiesen werden:
Ausgaben für Bildung:
Auch im Haushaltsplan 2021 bilden die Aufwendungen für die Kinderbetreuung das größte Einzelbudget (8,7 Mio.€). Der Zuschussbedarf für die Kindertagesstätten bleibt aber trotz einer neuen Einrichtung mit 112 Betreuungsplätzen auf dem Niveau von 2020, denn die Landesregierung hat den Gesamtbetrag der bisherigen Landesförderung um 700 Tsd.€ auf 3,35 Mio.€ erhöht. Eine erfreuliche Veränderung, die aber bei weitem nicht ausreicht, um das große strukturelle Defizit gerade im Bereich der Kindertagesstätten zu beseitigen. Es kommt noch hinzu, dass weitere Betreuungsplätze aktuell und in naher Zukunft nicht nur in unserer Stadt fehlen. Damit der Mangel an Plätzen möglichst schnell abgebaut werden kann, stellen wir Sozialdemokrat*innen den Antrag, in den Haushaltsplan 2021 für die Planung einer weiteren Kindertagesstätte 100 Tsd.€ einzustellen.
Neben dem Ausbau und der Förderung frühkindlicher Betreuung und Bildung liegt uns Sozialdemokraten auch das lebenslange Lernen sehr am Herzen. Die Volkshochschule (VhS) macht dazu allen Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt ein umfangreiches und vielfältiges Angebot, das über das Budget der VhS im Haushaltsplan 2021 finanziell abgedeckt und von uns ausdrücklich begrüßt wird.
Ausgaben für Nachhaltigkeit und Mobilität:
Mit der Verabschiedung des 2. Klimaschutzkonzeptes und der Einstellung von Finanzmitteln für dessen Umsetzung im Etat 2021 – zwei neu eingestellte Mitarbeiter*innen im Brundtlandbüro werden Bildungsprojekte und Aktionswochen zu den verschiedenen Themen des Klimaschutzkonzeptes planen und durchführen – soll die ökologisch-nachhaltige Entwicklung unserer Stadt weiter vorangebracht werden.
Dies soll aber nicht nur in unserer Kommune geschehen. Und deshalb ist Viernheim entsprechend dem Grundsatz „Global denken-Lokal handeln“ mit dem Departement Silly im westafrikanischen Staat Burkina Faso eine Klimapartnerschaft eingegangen. In Kooperation mit dem Verein Focus und der afrikanischen Partnerregion hat unsere Stadt ein mit Bundesmitteln gefördertes Bewässerungs- und Bepflanzungsprojekt umgesetzt. Die Maßnahmen, im Etat mit 100 Tsd.€ veranschlagt, werden für das Jahr 2021 laut Förderbescheid zu 90% aus Bundesmitteln bezahlt.
Unsere Zustimmung findet selbstverständlich auch die Verbesserung der Radinfrastruktur durch den Ausbau inner- und überörtlicher Radwege: Radschnellweg Weinheim-Viernheim-Mannheim, Verbreiterung des bestehenden Radweges sowie des Lückenschlusses entlang der L3111 zu

Landesgrenze Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit Hessen Mobil. 40 Tsd.€ sind dafür eingeplant. Weitere Mittel in Höhe von 50 Tsd.€ sollen gezielt zur Radverkehrsförderung im Stadtgebiet eingesetzt werden. Außerdem setzen wir uns den Ausbau bzw. die Ertüchtigung der Radverbindung zwischen Viernheim und Lampertheim ein und stellen einen entsprechenden Antrag.
Ausgaben für die lokale Wirtschaft:
Zur Attraktivitätssteigerung der Innenstadt halten wir die im Etat 2021 ausgewiesenen Finanzmittel für das Förderprogramm Lokale Ökonomie, für Maßnahmen zur Belebung der Innenstadt und zur Finanzierung der Sommerbühne für sehr hilfreich.
Ausgaben für Wohnen:
Ein zentrales Anliegen sozialdemokratischer Politik in Viernheim war es schon immer, dass Wohnraum für Mitbürger*innen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten zur Verfügung steht. Deshalb haben wir auch immer wieder für die Erschließung neuer Wohngebiete wie z.B. Bannholzgraben II gestimmt. Selbstverständlich setzen wir uns dafür ein und begrüßen es ausdrücklich, dass in 2021 wieder der Erwerb von Belegungsrechten mit 200 Tsd.€ von der Stadt gefördert wird. Genauso unterstützen wir auch weiterhin die Aktion „Vermiete doch an die Stadt“, die bei nach wie vor geringer Eigenbeteiligung der Stadt sehr erfolgreich ist.
Ausgaben für die Sportförderung:
Die Förderung des Sports ist keine Pflichtaufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge. Sie ist aber nach sozialdemokratischer Auffassung zur Förderung des sozialen Zusammenlebens und der Gesundheit der Bürger*innen sehr wichtig. Deshalb unterstützen wir Sozialdemokraten die Sportförderung in unserer Stadt, wie sie im Haushalt 2021 abgebildet ist. Den Projekten „Pumptrack“ und „Winterrasenplatz“ im Familiensportpark West werden wir zustimmen, denn auch in Zeiten klammer Kassen ist es notwendig, durch Investitionen die Lebensqualität der Bürger*innen zu sichern. Hierzu gehören neben vielen anderen Bereichen eben auch Sport- und Bewegungsmöglichkeiten für junge Menschen. Bei der Pumptrack-Anlage ist zu beachten, dass diese zu 50 % über Spenden finanziert wird. Dahinter stehen zahlreiche sehr engagierte Bürger*innen. Es war bedauerlich, dass diese Investition von einer Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung im Rahmen der letztjährigen Haushaltsberatung gestrichen wurde. Dies sollte sich keinesfalls wiederholen.
Ohne Zweifel ist es auch mit diesem Haushaltsplan wieder gelungen, die Daseinsvorsorge der Kommune für die Bürger*innen zu gewährleisten und die Lebensqualität unserer Stadt zu halten, teilweise sogar zu verbessern. Ein Grundproblem, das ursächlich nichts mit der Corona-Pandemie zu tun hat, bleibt aber leider bestehen: die zu geringen Finanzmittel unserer Stadt für die notwendigen Investitionen.
Aber die Bewältigung des Spagats, einerseits einen ausgeglichenen Haushalt auf Dauer vorzulegen und andererseits millionenteure notwendige Investitionen zu stemmen, wird nur gelingen, wenn die nachweislich strukturelle Unterfinanzierung der hessischen Kommunen endlich beseitigt wird.
Abhilfe kann hier nur die schwarz-grüne Landesregierung durch eine veränderte Finanzpolitik gegenüber den Kommunen schaffen.